Rückblick: Tavolata im APPISBERG

 

Ist «Leistung» das Primat der Gesunden? Oder benötigen wir in einer zunehmend komplexeren, dynamischeren und disruptiveren Welt nicht ein anderes Verständnis von Leistungsfähigkeit? Wie gehen in wir in der Gesellschaft, in der Wirtschaft, in unserem täglichen Miteinander mit zunehmender Minder- und Nichtleistungsfähigkeit um? Brauchen wir ein Update unseres Leistungsprimatsdenkens? Diese und ähnliche Fragestellungen diskutierten rund 50 Führungskräfte an der ersten Tavolata auf dem Kompetenzzentrum APPISBERG vom 5. Mai 2023 zum europäischen Tag der Inklusion.

In Zeiten zunehmender Komplexität und Dynamik sind wir Menschen versucht, zu vereinfachen und die Welt in Schwarz oder Weiss, in Richtig oder Falsch einzuteilen. Gerade am europäischen Tag der Inklusion gedenken wir mitfühlend Menschen mit Behinderungen und vergessen dabei, dass gerade im Bereich von Minder- und Nichtleistungsfähigkeit keine klare Zuordnung möglich ist. Neben permanenten Behinderungen (körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen, die von Geburt an bestehen oder durch ein Trauma ausgelöst wurden), nehmen dramatisch temporäre Minder- und Nichtleistungsfähigkeiten zu, meist ausgelöst durch Stress, Überforderung und Sinnentleerung. Gehen wir diesem Phänomen auf die Spur, erkennen wir eine zunehmend komplexere, weniger determinierbare, dynamischere, disruptivere Welt, die auf exponentielle Art und Weise uns Menschen zusetzt und bei Unvorbereiteten und Überforderten psychische und physische Leiden auslöst. Entsprechend haben Depressionen und Burnout-Erkrankungen massiv zugenommen.

Der amerikanische Zukunftsforscher Jamais Cascio prägte 2020 das Akronym BANI und versuchte mit den vier Attributen brüchig, ängstlich, nicht-linear und unbegreiflich eine Welt zu beschreiben, in der die bestehenden Mechanismen, mit welchen wir bis dato die Welt beschrieben und gemanagt haben, nicht mehr ausreichen. Wir benötigen andere Werkzeuge, einen anderen Mindset, um in komplexeren, vielleicht sogar chaotischen Systemen überleben bzw. leistungsfähig und gesund agieren zu können. Oft fehlen uns diese Fertigkeiten, da wir in Schule und Betrieb mehrheitlich auf einfache bzw. komplizierte Situationen vorbereitet wurden, die auf Einzelarbeit und auf Vorgaben beruhen. Entsprechend reagieren Menschen auf unterschiedlichste Art und Weise auf die «neue», komplexe Welt. Resiliente Menschen wachsen an der Überforderung, da sie diese als Herausforderung sehen. Viele Menschen ziehen sich aus Schutz zurück und verharren in ihrem Komfortbereich. Und ebenso viele Menschen werden krank und fallen permanent oder temporär aus.

Die Tavolata auf dem APPISBERG hat sich zum Ziel gesetzt, Tabus und Stigmata im Bereich von «Mental Health» zu thematisieren. Es braucht neue Ansätze und eine differenziertere Auseinandersetzung, um Menschen mit psychischen Problemen und besonderem Förderbedarf besser wahrnehmen und in Gesellschaft und Wirtschaft integrieren zu können – speziell in Zeiten des Fachkräftemangels. Wie sollen wir als Wirtschaft, Gesellschaft und als Mensch mit vermehrter Minder- und Nichtleistungsfähigkeit umgehen? Wie können wir unsere hohe Leistungsfähigkeit erhalten und trotzdem mehr Rücksicht auf Minder- und Nichtleistungsfähigkeit nehmen? Wie gehen wir mit eigenen Krisen um, aber auch mit Krisen in unserem Umfeld (Familie, Freunde, Arbeitskollegen)? Braucht es neue «Systemansätze», eine neue «Kultur der Leistungsfähigkeit und -erbringung»? Was können dabei neue Ansätze im Bereich der «Inklusion» und der «Diversität» dazu beitragen? Wie gehe ich persönlich mit «Krisen» um?

Den Anlass und die Ideen der Teilnehmenden hat Stephanie Gerteis in Form eines Graphic Recording visualisiert und die wichtigsten Erkenntnisse haben wir für Sie in diesem Dokument zusammengefasst.

Die Fotoimpressionen von der Tavolata im APPISBERG finden Sie hier.

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